Reform der Preisrechtsverordnung – endgültiger Entwurf des BMWi und letzte Änderungsforderungen von Länderseite


Im September 2021 ist der endgültige Entwurf des BMWi für die Reform der Preisrechtsverordnung (VO PR Nr. 30/53) dem Bundesrat zugeleitet worden. Der genaue Titel der Änderungsverordnung lautet: „Dritte Verordnung zur Änderung der Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen“ (s. BR-Drucks. 732/21 vom 22.09.2021*)). Bei der Verordnung handelt es sich um eine sogenannte „Ministerverordnung“, die nach Ausarbeitung seitens des zuständigen BMWi noch der Verabschiedung durch den Bundesrat bedarf. Die VO PR Nr. 30/53 regelt Grundsätze der Preisprüfung bei öffentlichen Aufträgen. Eine Anlage zu der Verordnung enthält Leitsätze für die Preisermittlung auf Grund von Selbstkosten (LSP), die als ein besonders auf das öffentliche Auftragswesen zugeschnittenes Regelwerk zur Kostenrechnung bezüglich Selbstkosten dienen.

Endgültiger Entwurf des BMWi

Der endgültige Reformentwurf erfolgte unter Berücksichtigung der Ergebnisse einer 2019 vom BMWi eingesetzten Arbeitsgruppe zur Modernisierung der Verordnung. Als Teilnehmer der Arbeitsgruppe wirkten neben Vertretern des BMWi auch Experten der wesentlichen beteiligten Kreise mit. Dazu zählten vor allem Vertreter der Bundesländer aus dem Bereich der Preisbehörden der Länder sowie ferner Vertreter der betroffenen öffentlichen und privaten Wirtschaft wie auch der Wissenschaft. Trotz vieler intensiver Beratungen ist die Meinungsbildung in der Arbeitsgruppe in etlichen Punkten kontrovers verblieben.

Wie sich bereits im Referentenentwurf abzeichnete, führt die Reform nicht zu einer grundlegenden Reform des Preisrechts und auch nicht zu einer Revision der gesetzlichen Grundlagen des Preisrechts. Vielmehr beschränkt sich der endgültige Reformentwurf auf einige Klarstellungen und gewisse Erleichterungen sowie einzelne Anpassungen bzw. Aktualisierungen der Regelungen im Hinblick auf teils veraltete Verweise und Bezeichnungen der Verordnung, die seit ihrer Schaffung im Jahre 1953 kaum verändert worden ist.

Insgesamt verbleiben die Regelungen im Wesentlichen im Rahmen des bisherigen Systems. Dieses ist im Kern von einer hoheitlichen Preisprüfung im Bereich der öffentlichen Aufträge geprägt. Dabei werden amtliche Preisprüfer der Länder unabhängig von der Auftraggeberseite tätig.

Auch nach der Änderungsverordnung bleibt es dabei, dass beim Abschluss öffentlicher Aufträge grundsätzlich Marktpreisen der Vorzug vor Selbstkostenpreisen zu geben ist. Kernstück der VO PR Nr. 30/53 bleibt weiterhin § 4 der Verordnung (Preise für marktgängige Leistungen). Der endgültige Entwurf des BMWi enthält nun einige Klarstellungen bzw. begrenzte Erleichterungen im Hinblick auf den Begriff des Marktpreises bzw. des „allgemeinen Marktes“ und des „besonderen Marktes“ sowie eine gewisse Erleichterung hinsichtlich des Begriffs der „Verkehrsüblichkeit“ eines Preises.

In einem neuen Abs. 2 des § 4 VO PR Nr. 30/53 soll nun geregelt werden, dass eine Leistung „marktgängig“ ist, für die zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe ein Markt aus Angebot und Nachfrage für diese Leistung mit funktionierendem Wettbewerb besteht (sogenannter „allgemeiner Markt“). Marktgängig ist eine Leistung nach dem endgültigen Reformentwurf auch, wenn zu ihrer Beschaffung mittels eines Vergabeverfahrens ein Markt geschaffen wurde, auf dem mindestens zwei Anbieter zuschlagsfähige Angebote abgegeben haben („besonderer Markt“).

Ein neuer Abs. 3 des § 4 VO PR Nr. 30/53 bezieht sich auf die „Verkehrsüblichkeit“ des Preises. Danach ist der Preis „im Verkehr üblich“, den der betreffende Anbieter für die Leistung im Wettbewerb regelmäßig durchsetzen kann. Schließlich stellt ein neuer Abs. 4 des § 4 VO PR Nr. 30/53 eine Vermutungsregelung auf, mit der eine Erleichterung für die Praxis erreicht werden soll. Danach gilt: Wenn es für eine Leistung einen verkehrsüblichen Preis auf dem „allgemeinen Markt“ gibt, ist dieser maßgeblich. Wenn es für die Leistung auf dem „allgemeinen Markt“ dagegen keinen verkehrsüblichen Preis gibt, so wird vermutet, dass der Preis, der in einem Vergabeverfahren auf einem „besonderen Markt“ für die Leistung angeboten wird, im Verkehr üblich ist, wenn er sich unter den Bedingungen eines Wettbewerbs herausgebildet hat.

Vorschlägen für eine weitergehende Vereinfachung, wie vor allem ein Verzicht auf Preisprüfungen in Fällen, in denen sich der Preis in einem rechtlich unbeanstandeten wettbewerblichen Vergabeverfahren gebildet hat, ist der Entwurf nicht gefolgt. Für eine solche, punktuell weitergehende Lösung hatten private und öffentliche Unternehmen sowie Vertreter der Wissenschaft plädiert, um den Prüfaufwand in Fällen mit vorherigem wettbewerblichen Vergabeverfahren klar und einfach verständlich zu begrenzen und insoweit in der Praxis häufig späte und dadurch teils sehr aufwändige Prüfungen im Wettbewerb gebildeter Preise zu vermeiden. Dieser Vorschlag wurde seitens der Vertreter der Preisbehörden der Bundesländer abgelehnt, die auf einer weiterhin uneingeschränkten Prüfbefugnis auch in Fällen rechtlich unbeanstandeter Vergaben mit echtem Bieterwettbewerb insistierten. Insoweit wurde das „Opportunitätsprinzip“, das den Preisprüfern ein sehr weites „Aufgreifermessen“ einräumt und bisher bereits anerkannt war, nun durch ausdrückliche Aufnahme in den Text der VO PR Nr. 30/53 noch weiter verstärkt.

Überprüfung des kalkulatorischen Höchstzinssatzes auf später verschoben

Eine kurz vor Finalisierung des endgültigen Entwurfs des BMWi von Seiten eines weiteren Bundesressorts angeregte Überprüfung bzw. Absenkung des kalkulatorischen Höchstzinssatzes von 6,5 % (s. Nr. 43 Abs. 2 LSP) wurde nicht in den endgültigen Entwurf des BMWi
für die Änderungsverordnung aufgenommen. Stattdessen soll die Überprüfung der Angemessenheit des bisherigen kalkulatorischen Höchstzinssatzes von der aktuellen Reform abgetrennt und zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden.

Letzte Änderungsempfehlungen von Länderseite im Bundesrat

Für die meisten Beteiligten überraschend, hat der Wirtschaftsausschuss des Bundesrates im Oktober eine Empfehlung verabschiedet, die teils sehr erhebliche Abweichungen vom endgültigen Änderungsentwurfs des BMWi vorsieht (s. BR-Drs. 732/1/21 v. 22.10.2021*)).

Abweichend vom endgültigen BMWi-Entwurf wird in der Empfehlung des Wirtschaftsausschusses unter anderem gefordert, eine Beschränkung des Geltungsbereichs des Instituts des „allgemeinen Marktes“ allein auf Leistungen des „allgemeinen Bedarfs“ vorzunehmen (Änderung Nr. 1 der Empfehlung des Wirtschaftsausschusses), wogegen der BMWi-Entwurf insofern auf sämtliche Leistungen bezogen ist. Die vom Wirtschaftsausschuss des Bundesrates geforderte Änderung würde zu einer erheblichen Ausweitung des Prüfaufwands bei vielen wichtigen Beschaffungsgütern führen.

Ferner fordert der Wirtschaftsausschuss eine Verdopplung der Aufbewahrungspflicht von Dokumenten für die Unternehmen von 5 auf 10 Jahre (Änderung Nr. 3). Diese Forderung steht offenbar im Gegensatz zu der Haltung der dem Preisrecht unterworfenen Unternehmen, inzwischen oft sehr späten Prüfungen entgegenzuwirken, da diese wegen großen zeitlichen Abstands zur Vergabe häufig erheblichen Mehraufwand verursachen. Weiterhin wird in der Empfehlung des Wirtschaftsausschusses auch für eine Einschränkung des verwaltungsverfahrensrechtlichen Amtsermittlungsgrundsatzes bezüglich der Prüfung des Vorliegens eines Marktpreises plädiert, was zu einer Abweichung von einer allgemeinen Regelung des Verwaltungsverfahrensrechts führen würde (Änderung Nr. 5). Außerdem wird für eine sehr weitreichende Befugnis der Prüfer zur Schätzung plädiert, soweit die Prüfer angemessene Kosten des Auftragnehmers nicht ermitteln bzw. berechnen können (Änderung Nr. 6).

Schließlich plädiert der Wirtschaftsausschuss auch für eine begleitende Entschließung des Bundesrates. Damit sollen die Bundesregierung und das BMWi gebeten werden, das Preisrecht in der kommenden Legislaturperiode einer weiteren Novellierung und Modernisierung, auch unter Einbeziehung des Preisgesetzes, zu unterziehen. Etliche Forderungen der Empfehlung des Wirtschaftsausschusses sind bei verschiedenen vom Preisrecht betroffenen Kreisen in ersten Reaktionen überwiegend auf Skepsis bzw. Kritik gestoßen.

Verabschiedung der Änderungsverordnung
voraussichtlich am 05.11.2021

Die Verabschiedung der Änderungsverordnung zur VO PR Nr. 30/53 im Bundesrat ist bisher für den 05.11.2021 unter TOP 14 vorgesehen. Gegenwärtig ist noch nicht klar abzusehen, ob die vorgenannte Empfehlung des Wirtschaftsausschusses des Bundesrates noch zu einer Verzögerung der Verabschiedung der Reform führt.

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