Die Europäische Kommission hat am heutigen 14. April 2009 den zweiten Schritt eines Vertragsverletzungsverfahrens wegen Verstoßes gegen Deutschland eingeleitet. Diesmal ist die Kooperation mit der juris GmbH der Hintergrund. Die juris-Datenbank erhält (neben einer Bezahlung) Gesetzesunterlagen und Gerichtsurteile in einer besonderen Form zur exklusiven Nutzung – im Gegenzug können alle Bundesbehörde die Dienstleistungen nutzen. juris war 1973 von der Bundesrepublik Deutschland gegründet worden und ist dann teilprivatisiert worden. Heute hält die Bundesrepublik Deutschland nur noch 50,1% der Anteile. Anlässlich der Privatisierung wurde die oben umrissene Kooperationsvereinbarung geändert, insbesondere die Vergütung betreffend. Die Kommission hält diese Änderung für einen ausschreibungsbedürftigen Neuauftrag.
Im Jahr 2006 haben zahlreiche Bundesländer Aufträge über Datenbankdienste an juris vergeben. Dies erfolgte ohne vorherige Bekanntmachung im Verhandlungsverfahren. Auch hier sieht die Kommission das europäische Recht verletzt; die deutschen Stellen sind hingegen der Ansicht, es gäbe keine vergleichbaren Dienstleister, weshalb mangels eines Marktes eine Ausschreibung hätte entfallen dürfen.
Ebenfalls heute ist gegen Deutschland ein weiteres Verfahren in die zweite Stufe gekommen, diesmal wegen eines Auftrages über Abwassersammlung und –entsorgung durch die Stadt Hamm im Jahr 2003. Hamm hat den Auftrag direkt an den Zweckverband „Lippeverband“ erteilt – eine typische Form der interkommunalen Zusammenarbeit. Die Kommission rügt, dass der Lippeverband kein Teil der öffentlichen Verwaltungsorganisation Deutschlands sein könne, da auch Private dort Mitglieder seien. Darüber hinaus werden die Leistungen des Lippeverbands von der Stadt Hamm vergütet. Nach Meinung der Kommission hätte der Auftrag ausgeschrieben werden müssen.