Bericht vom Treffen der Regionalgruppe Bayern im Oktober 2022


am 21.10.2022 in München

Das diesjährige Treffen der Regionalgruppe Bayern fand in den neuen Räumen der Kanzlei GvW Graf von Westphalen statt. Als Münchner Partnerin von GvW Graf von Westphalen eröffnete Frau Dr. Reichling die Präsenzveranstaltung und führte gemeinsam mit Herr Prof. Dr. Burgi und Herrn Völlink durch die Vorträge und Diskussionen, die sich schwerpunktmäßig den aktuellen Entwicklungen in der bayerischen Rechtsprechung und Gesetzgebung widmeten.

Als erste Referentin nutzte Frau Ri’in BayObLG Petra Willner zu Beginn die Gelegenheit, alle sieben Mitglieder des neuen Vergabesenats des Bayerischen Obersten Landesgerichts unter dem Vorsitz von Herrn VRiObLG Dr. Fischer vorzustellen, die sogar allesamt persönlich anwesend waren. Seit 2021 liegt die zweitinstanzliche Zuständigkeit in Vergabesachen nunmehr wieder entsprechend einer historischen Tradition in Bayern nicht mehr beim Oberlandesgericht München, sondern bei dem seit 2018 wieder eingerichteten Bayerischen Obersten Landesgericht. Im Rahmen ihres Vortrags zur aktuellen Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts zum Vergaberecht berichtete Frau Willner, dass der Vergabesenat im Zeitraum 2021/2022 22 Verfahren bearbeitet habe, wovon neun Verfahren noch beim OLG erledigt wurden. Inhaltliche Themenschwerpunkte dabei waren die Zulässigkeit der Rechtsmitteleinlegung, dringliche Beschaffungen (v.a. im Zusammenhang mit Corona, wie z.B. Schnelltests und die Luca-App), der Ausschluss von Angeboten/Bietern, Angebote verbundener Unternehmen sowie produktspezifische Ausschreibungen.

Anschließend berichtete der Vorsitzende der Vergabekammer Südbayern, Regierungsdirektor Matthias Steck, über aktuelle Fälle der VK Südbayern, wobei im laufenden Jahr 2022 bereits 56 Nachprüfungsverfahren eingeleitet wurden. Infolgedessen gibt es seit Mai 2022 bei der Vergabekammer Südbayern eine zweite Kammer unter dem Vorsitz von Frau ORR’in Müller. Intensiv diskutiert wurden insbesondere die Beschlüsse im Zusammenhang mit dem Rechtsschutz gegen faktischen Vollzug, dem Zugang von elektronischen Angeboten, der Vergabe von Generalplanerleistungen und zur Eignungsleihe in Referenzen.

Der Leitende Ministerialrat Stefan Gerbracht berichtete aus dem Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie über aktuelle Entwicklungen im Vergabewesen in Brüssel, Berlin und München. Neben der Erhöhung der Wertgrenzen nach der VVöA in Bayern, den EU-Russland Sanktionen, BMWK-Rund­schreiben zur Dringlichkeit und zu Preissteigerungen und vergaberechtlich relevanten Aspekten des Koalitionsvertrags der Bundesregierung wurden die ab 25.10.2023 zu verwendenden „elektronischen Standardformulare – eForms“ behandelt. Herr Gerbracht stellte aber auch die neuen EU-Instrumenten gegen Wettbewerbsverzerrungen (IPI, FSI) sowie erste Ergebnisse der Vergabestatistik vor und berichtete von aktuellen Beschleunigungsinitiativen auf Bundesebene (LNG- und Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetz).

Daran anknüpfend rundete Prof. Dr. Martin Burgi (LMU München) den Abend mit verschiedenen Thesen zur Beschleunigung bei Vergabe- und Nachprüfungsverfahren ab. Er warf dabei die Frage auf, ob die im Bereich LNG und Bundeswehr entwickelten Beschleunigungsinitiativen evtl. auch in andere Bereiche des Vergaberechts Eingang finden sollten, was viel Stoff für Diskussionen im Rahmen dieses, aber auch für weitere Treffen der Regionalgruppe Bayern lieferte.